Geriatronik: Robotik, Mechatronik und KI für pflegebedürftige Menschen
Älteren und pflegebedürftigen Menschen mithilfe von Robotik, Mechatronik und künstlicher Intelligenz möglichst lange ein unabhängiges Leben ermöglichen: Mit diesem Ziel beschäftigt sich seit 2018 ein Team von Wissenschaftlern der TU München (TUM) sowie Partnern primär am Standort in Garmisch-Partenkirchen.
Menschen werden immer älter, während sich aufgrund des Fachkräftemangels im Gesundheitswesen die Betreuung der so genannten Third-Ager immer weniger gewährleisten lässt. Serviceroboter können hier einen Beitrag leisten, pflegebedürftige Menschen und Pflegende zu unterstützen.
Das Ziel: Humanoider Serviceroboter für den Alltag
Um herauszufinden, inwieweit Roboter eine gute Hilfe im Alltag sein können, hat das Munich Institute of Robotics and Machine Intelligence (MIRMI) der TUM zusammen mit Partnern wie unter anderem der LongLeif GaPa gGmbH, der Caritas, dem Deutschen Museum und robotik Unternehmen wie Franka Emika und Reactive Robotics Forschungen auf den Weg gebracht. Seit 2018 entwickeln Wissenschaftler in einer Reihe von Forschungsprojekten konkrete Lösungen, die Menschen im Alter unterstützen.
In den Hauptprojekten Projekt X und Projekt Y steht die Entwicklung von konkreten Lösungen für den Alltag im Vordergrund:
- Im Projekt X werden Kerntechnologien entwickelt und entsprechende Systeme integriert, nötige Verbindungen hergestellt und die Technologie in einem Real-World-Szenario ans Laufen gebracht. Der Fokus von Projekt X liegt darauf, medizinische Assistenzrobotersysteme in realen Umgebungen zusammen mit älteren Menschen und Pflegeeinrichtungen zur erforschen, zu validieren und kontinuierlich zu verbessern.
- Im Projekt Y geht es primär um das „Technologie- und Feldforschungsmodul der Geriatrionik“. Hier entstehen konkrete Szenarien für innovative humanoide Serviceroboter sowie neue Robotik-Hardware. Im Rahmen von Projekt Y ist etwa der erste autonome Serviceroboter Garmi entstanden, dessen Interaktionsfähigkeit bereits in Pilotwohnungen getestet wird.
- Lesen Sie auch das Interview mit Dr. Luis Figueredo und Dr. Abdeldjallil Naceri, den Leitern der Projekte X und Y: Wie Robotik die Pflege verbessern kann.
Garmi als Flaggschiff der Geriatronik
„Garmi“ ist das Flaggschiff dieser Forschungen. Der etwa menschengroße humanoide Serviceroboter bewegt sich auf Rädern und besitzt zwei flexible Roboterarme, die mit besonderen Fähigkeiten, z.B. einem Tastsinn, ausgestattet sind. Sie können beispielsweise ein Glas oder eine Tasse greifen und Wasser oder Tee servieren. Wie ein Physiotherapeut kann Garmi Mobilisierungstrainings mit dem Patienten durchführen. Zudem lässt sich Garmi mit behandelnden Ärzten vernetzen. Von deren Praxis aus kann der Hausarzt seine Patienten untersuchen, ohne persönlich vor Ort sein zu müssen. Die telemedizinischen Anwendungen gehen durch Entwicklungen wie der taktilen Robotik so weit, dass ein Arzt sogar den Patienten abtasten oder Ultraschalluntersuchungen durchführen kann.
TUM Campus Geriatronik in Garmisch-Partenkirchen
In Garmisch-Partenkirchen wird zu diesem Thema ein Campus entstehen, auf dem neben den Forschungsarbeiten der TUM auch ein Masterstudiengang aufgebaut wird. Partner wie Caritas und LongLeif GaPa gGmbH komplettieren den Campus mit einem Pflegezentrum, betreutem Wohnen und einer Pflegeschule. Damit entsteht ein Reallabor, in dem Forschung, Lehre, Pflegen und Wohnen eng vernetzt an einem Ort stattfinden werden.
Finanzierung: Öffentliche, private und industrielle Unterstützung
Für die Forschungen stehen durch Förderungen durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, das Bayerische Forschungsinstitut für digitale Transformation (bidt) und durch die Longleif GaPa gGmbH sowie finanzielle Unterstützung durch Vodafone und durch Verbundpartner insgesamt über 23 Millionen Euro bis Anfang 2027 zur Verfügung.
Bereits abgeschlossene Forschungsprojekte:
- Im Projekt Responsible Robotics werden die ethischen, sozialen, politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen untersucht, die mit dem Einsatz von künstlicher Intelligenz im Gesundheitswesen und in der Gesellschaft einhergehen. Konkret werden empirische Studien etwa für den Einsatz von Garmi in der Pflege gemacht sowie Standards und Empfehlungen für den Einsatz von KI-Anwendungen im Gesundheitswesen entwickelt.
- Im Projekt KoBo34 geht es darum, einen Serviceroboter zu entwickeln, der als „personalisierbares Assistenzsystem“ mit Menschen interagieren kann und in täglichen Dingen unterstützen kann.
- Im Projekt MobIPar geht es um die „Mobilisierung Intensiv-Pflegebedürftiger durch adaptive Robotik“. Konkret wurde beispielsweise ein Exoskelett für Patienten entwickelt, das die Beweglichkeit von Patienten fördern soll. Das Besondere ist, dass das Exoskelett in der Lage ist, sich an die individuellen Fähigkeiten (bzw. Einschränkungen) des Patienten anpassen kann.
- Im Projekt ProteCT wurden telemedizinische Lösungen entwickelt, so dass einzelne Untersuchungen durch medizinisches Personal auch aus der Ferne durchführen lassen. Dadurch werden Patienten wie medizinisches Personal vor Infektionen (wie dem Corona-Virus) geschützt.
Projektleitung
Prof. Sami Haddadin
Executive Director Munich Institute of Robotics and Machine Intelligence (MIRMI) und Leiter des Lehrstuhls für Robotik und Systemintelligenz. Technische Universität München (TUM)