Der Digitale Herz-OP: Wie die Robotik die Diagnose und Therapie von Herzerkrankungen voranbringen kann
Digitale Assistenten auf der Intensivstation, ein digitaler Assistent als Datenmanager auf der Intensivstation und ein individualisierter digitaler Zwilling für Patienten mit angeborenem Herzfehler: Das sind einige der Themen, die Mediziner:innen aus dem Deutschen Herzzentrum München mit Unterstützung von Forschenden aus dem integrierten Robotikinstitut Munich Institute of Robotics and Machine Intelligence (MIRMI) der Technischen Universität München (TUM) im Leuchtturmprojekt Digitaler Herz-OP erforschen.
Technikexpertise auf der einen und medizinisches Wissen auf der anderen Seite stehen im Mittelpunkt des Forschungsprojektes Digitaler Herz-OP. Diese beiden Disziplinen passen gut zusammenpassen. Denn Bilder aus dem Inneren des Menschen gibt es bereits seit dem ersten Röntgenbild. Ultraschallbilder von der Schilddrüse oder Schichtbilder eines Magnetresonanztomographen (MRT) eines Sprunggelenks nach dem Umknicken gehören längst zum Alltag im Gesundheitsbetrieb. Und auch in der Herzdiagnostik und -therapie kommen bildgebende Verfahren des Herzens und seiner Gefäße zum Einsatz, ob Schichtbilder vom Herzen, um Herzmuskelentzündungen zu entdecken oder ein Ultraschall der Halsschlagader, um Verkalkungen festzustellen. Die Technik bietet der Medizin eine wesentliche Unterstützung, um Erkrankungen angemessen diagnostizieren und Patient:innen optimal behandeln zu können.
Digitale Assistenten, digitale Zwillinge, Visualisierung in 3D: Die Projekte mit MIRMI-Beteiligung
Im Leuchtturmprojekt Digitaler Herz-OP geht es zum einen darum, bildgebende Verfahren zu erweitern und zu verfeinern, aber auch ganz neue Ansätze zu entwickeln, die datengestützt sind und Vorhersagen von Verläufen oder die Darstellung des Herzens oder der Gefäße als digitale Abbilde ermöglichen. Dafür braucht es von technischer Seite Spezialwissen aus den Bereichen Maschinelles Lernen, Datenanalysen und Sensor-gesteuerte Systeme, die mit dem Menschen interagieren.
Das MIRMI ist an folgenden Einzelprojekten beteiligt:
- Digitaler Assistent als Datenmanager auf der Intensivstation
Auf der Intensivstation für Herz- und Gefäßchirurgie fließen viele Vital- und Diagnosedaten zusammen. Allerdings ist es aufgrund von diversen Schnittstellen und unterschiedliche Datenformaten nicht einfach, eine zentrale Sicht auf die aktuelle Situation bekommen. Das soll ein digitaler Assistent ändern, der eine Patientenüberwachung in Echtzeit leisten soll.
- Katheterverfolgung während der Herz-OP
Eine Katheterverfolgung in Echtzeit erleichtert dem Chirurgen minimalinvasive Eingriffe am Herzen. Um diesen neuen Ansatz zu entwickeln, kommen moderne bildgebende Verfahren (3D-MRT/CT) und ein elektromagnetisches Trackingsystem zum Einsatz.
- Den optimalen Stent für Säuglinge und Kinder bestimmen
Um etwa für erkrankte Säuglinge und Kinder geeignete Stentgrößen bestimmen zu können, ist es wichtig, die Eigenschaften der Aorta präzise zu kennen. Das soll künftig ein Echtzeitmodell der so genannten Fluid-Struktur-Interaktion leisten.
- Digitaler Zwilling des Herzens: Die Erfolgsprognose einer Herz-OP verbessern
Schon im Säuglingsalter werden Herzfehler wie die Fallot-Teralogie entdeckt, bei der die Herzscheidewand durchlässig ist und Blut von der einen in die andere Herzkammer fließen kann. Um die Behandlung zu optimieren, simulieren die Wissenschaftler:innen die Strömungseigenschaften des Blutkreislaufs und entwickeln einen digitalen Zwilling des Herzens.
- Gefäße während der OP in 3D darstellen
Aktuell arbeiten Herzchirurgen während einer Operation mit zweidimensionalen Abbildungen von Gefäßen. Dabei sind bereits Röntgengeräte im Einsatz, die die Gefäße aus unterschiedlichen Winkeln betrachten. Diese Informationen wollen die Forscher:innen nun nutzen, um dem Chirurgen während des Eingriffs eine dreidimensionale Darstellung der Gefäße zu ermöglichen.
Förderung zunächst bis 2024
Das Leuchtturmprojekt Digitaler Herz-OP ist zunächst auf fünf Jahre angelegt und wird von der bayerischen Staatsregierung und dem Bayerische Wissenschaftsministerium mit etwa fünf Millionen Euro gefördert. Ein Folgeprojekt für die Jahre 2025 bis 2029 ist bereits in Planung.
Veröffentlichungen
07.06.2024: Das Interdisziplinäre Forschungslabor IFL: Medizin und Technik zusammen erforschen
29.05.2024: Wie autonomer Ultraschall den medizinischen Alltag entlasten kann
11.07.2023 Digital Intensive Care Unit: Kai Wu on her research in "Deutsches Herzzentrum München" (Video)
14.12.2022 Digitale Simulation zur Erfolgsprognose von Herz-OPs
Projektleitung
Prof. Nassir Navab
Principle Investigator MIRMI
Lehrstuhl für Informatikanwendungen in der Medizin und Augmented Reality
Boltzmannstraße 3
85748 Garching