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Roboter als Assistenten im OP

Innovation, Gesundheit, Robotik |

Nach knapp drei Jahren Entwicklungszeit ist es soweit: Erstmals übernimmt ein Roboter im Experimental-OP der Forschungsgruppe MITI die Aufgaben eines „OP-Springers“ im unsterilen Bereich. Er holt sterile Materialien – wie etwa Nahtmaterial oder chirurgische Handschuhe – aus dem Lager, bringt sie in den OP, öffnet die Verpackung und reicht die Sterilgüter dem Operateur an. Der Doktorand im Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München (TUM) Lukas Bernhard über die Fähigkeiten des Roboters AURORA.

Lukas, Du bist im Forschungsprojekt AURORA mit dem gleichnamigen Assistenzroboter als Doktorand und wissenschaftlicher Leiter am MITI tätig. Was soll ein Service-Roboter im OP leisten?

In unserer Forschungsgruppe gibt es aktuell eine Reihe von Forschungsprojekten, die sich mit Robotern im OP beschäftigen. Vor zweieinhalb Jahren haben wir im Projekt AURORA damit begonnen, die Aufgaben eines OP-Springers teilweise durch einen assistierenden Roboter machen zu lassen. Hier geht es vor allem darum, steril verpackte Materialien zu holen und anzureichen. Dafür muss der Roboter wissen, wo diese sind, Verpackungen öffnen und dem Operateur den Inhalt herüber geben. Im Forschungsprojekt SASHA-OR, das vor etwa einem Jahr begonnen hat, legen die Kolleg:innen einen besonderen Fokus auf den rein sterilen Bereich im Operationssaal. Zentrale Aufgabe bei SASHA-OR ist es, den Operateur:innen chirurgische Instrumente – etwa Schere, Greifer oder Clipper – anzureichen und nach der Benutzung wieder entgegenzunehmen. Mithilfe von künstlicher Intelligenz soll der Roboter antizipieren können, welches Instrument als nächstes benötigt wird. Dieser Roboter ist am OP-Tisch installiert und verlässt – anders als AURORA – den sterilen Bereich nicht. 

Was kann AURORA schon?

Wir haben uns auf zwei Anwendungsfälle spezialisiert, die unser Proptotyp bereits recht zuverlässig erledigt. Zum einen geht es darum, dass AURORA ins Lager fährt, steriles Material holt, die Verpackung aufmacht und dem Operateur während des Eingriffs anreicht. Die Herausforderungen: Es gibt viele Hindernisse im Weg. Es laufen viele Menschen herum, es ist eng, kurzum: Die gesamte Umgebung ist für Menschen gemacht. Die Gretchenfrage ist nun, ob man in einer Zukunft mit Robotern eine solche Umgebung akzeptieren oder verändern sollte. Einige Ideen eines Kompromisses zwischen diesen Bereichen, „Surgineering “ genannt, gibt es bereits: So können wir neuartige Lagersysteme einführen, aus denen etwa Nahtmaterial automatisiert herausgegeben wird und somit für den Roboter leichter zu entnehmen ist. Lager müssten also grundsätzlich anders funktionieren, nach wie vor aber auch für den Menschen geeignet sein. Ein anderer Ansatz ist, die OP-Layouts leicht zu verändern, sodass die Roboter dort fahren können, ohne durch Hindernisse wie Kabel oder Instrumententische behindert zu werden. Im zweiten Anwendungsfall ist AURORA dafür da, Medizingeräte zu bedienen. Der Roboter holt nötige Geräte herbei und bringt sie in den Sollzustand, so dass der Mediziner sie sofort einsetzen kann. Diese Aufgaben sind grundsätzlich auch für andere Bereiche im Krankenhaus relevant, etwa auf Station oder in der Notaufnahme. Aufgrund des akuten Personalmangels in Krankenhäusern wäre es natürlich gut, wenn ein Roboter auch hier einige der Routinetätigkeiten übernehmen könnte.

Wie kam es damals zu AURORA und worum dreht sich Deine Doktorarbeit?

In der Forschungsgruppe MITI (Minimal-invasive Interdisziplinäre Therapeutische Intervention) der Klinik und Poliklinik für Chirurgie ging es schon immer darum, gemeinsam mit Ärzt:innen Ideen zu entwickeln, die die Arbeit im OP bzw. im Krankenhaus erleichtern. Hier ist auch die gemeinsame Idee für Assistenzroboter wie AURORA und SASHA entstanden. In meiner Doktorarbeit setze ich auf AURORA auf und entwickle ein Flottenmanagement für Assistenzroboter. Mir geht es darum, Aufgaben zu definieren, zu priorisieren und an mehrere Roboter zu verteilen. Allerdings haben wir natürlich noch keine Flotte an OP-Assistenzrobotern zur Verfügung, so dass ich dieses Flottenmanagement zunächst als Simulation untersuche.   

Video: Lukas Bernhard erläutert auf der Automatica 2023, was sein OP-Roboter kann.

Publikationen

Mobile service robots for the operating room wing: balancing cost and performance by optimizing robotic fleet size and composition; Lukas Bernhard, Antony Francis Amalanesan, Oskar Baumann, Florian Rothmeyer, Yanni Hafner, Maximilian Berlet, Dirk Wilhelm & Alois Knoll; International Journal of Computer Assisted Radiology and Surgery (2022) 

Informationen

Seine Doktorarbeit schreibt der studierte Mechatroniker (Bachelor) mit Master im Maschinenwesen Lukas Bernhard bei Prof. Alois Knoll, Leiter des Lehrstuhls für Robotik, künstliche Intelligenz und Echtzeitsyteme der TUM und zusammen mit Prof. Markus Lienkamp Leiter des Innovationssektors Mobility im MIRMI. Hauptkoordinator im Forschungsprojekt AURORA ist der Leiter der Forschungsgruppe für minimal-invasive interdisziplinäre therapeutische Intervention (MITI) Prof. Dirk Wilhelm an der Klinik und Poliklinik für Chirurgie des Klinikums rechts der Isar der TUM, der im MIRMI zusammen mit Prof. Cristina Piazza den Innovationssektor Health leitet.