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Wenn Roboter lernen, wie Menschen zu greifen: Der Digital Robot Judge der TUM
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Im Erdgeschoss des TUM MIRMI-Gebäudes am Georg-Brauchle-Ring beugt sich Peter So über ein schwarzes Taskboard, während eine Roboterhand in präzisen Bewegungen versucht, Batterien aus ausgedienten elektronischen Geräten zu entfernen. Neben ihm arbeiten Studierende an ihren eigenen Boards, jeder an einem anderen Anwendungsfall, doch alle mit demselben Ziel: Robotern jene feinmotorischen Fertigkeiten beizubringen, die für Menschen selbstverständlich sind, für Maschinen jedoch weiterhin eine große Herausforderung darstellen. So beschreibt das Kernproblem: „Die industrielle Arbeit entwickelt sich weiter, doch Roboter benötigen neue Fähigkeiten, um sich an unvorhergesehene Situationen anzupassen. Das zeigt sich besonders deutlich in der Kreislaufwirtschaft.“ Genau hier setzt seine Arbeit an: So unterrichtet nicht nur angehende Robotikingenieure und Robotikingenieurinnen, er hat auch ein Werkzeug entwickelt, das den Fortschritt robotischer Fähigkeiten messbar macht und das Potenzial hat, die internationale Wettbewerbsszene zu verändern – den Digital Robot Judge, kurz DR.J.
Der Digital Robot Judge
Um faire, weltweit vergleichbare Bedingungen zu schaffen, entwickelte So ein laptopgroßes, sensorbestücktes Task Board, das die Ausführung einzelner Aufgaben präzise erfasst und einen direkten Vergleich zwischen menschlichen und robotischen Fähigkeiten ermöglicht. Die Idee war, die gesamte Sensorik in ein kompaktes Gerät zu integrieren, das sich einfach verschicken lässt: „Wir versuchen, all diese Sensoren in ein kleines Paket zu packen, das man per Post verschicken kann“, sagt So. Die Boards registrieren, wann ein Knopf gedrückt, ein Stecker eingesteckt oder ein Batteriefach geöffnet wird, und senden diese Daten in Echtzeit an ein Web-Dashboard. Dort können Teams, Jurys und Forschende detaillierte Leistungsdaten unmittelbar nachvollziehen. Diese Form der Transparenz ist in der Robotik selten. Videos, so So, seien zwar weiterhin wichtig, erzählten aber nie die ganze Geschichte: „Die meisten Videos sind stark produziert und zeigen nicht, wie viele Versuche tatsächlich nötig waren.“ DR.J hingegen ermöglicht es, zahlreiche Versuche, Fehler, Verbesserungen und Lernkurven objektiv miteinander zu vergleichen, über Robotiklabore weltweit hinweg.
Wettbewerbe, Grenzen und Vision
Die Robothon Grand Challenge ist ein internationaler Robotikwettbewerb, der im Rahmen der automatica Messe stattfindet und von So ins Leben gerufen wurde. Im Jahr 2025 testeten internationale Teams das neueste Task-Board-Design, das erstmals einen Touchscreen sowie ein magnetisches, stiftförmiges Werkzeug integrierte. Damit wurden Fähigkeiten wie das Lesen von Texten, das Erkennen von Lichtsignalen und die Manipulation von Objekten bewertet. In Aufgaben wie dem Wickeln von Kabeln konnten Roboter Menschen sogar übertreffen, während sich in anderen Bereichen noch Verbesserungspotenzial zeigte. Transparenz und Reproduzierbarkeit bleiben für So zentrale Prinzipien: Alle Konstruktionspläne, Schaltkreise und Softwarekomponenten sind offen zugänglich. Sos Vision ist klar: „Ich würde gerne sehen, dass unsere elektronischen Task Boards in jedem Robotik-Curriculum genutzt werden, um eine gemeinsame Referenz für den Vergleich realer Roboterleistungen weltweit zu schaffen.“ Während er im Labor erneut die Roboterhand in Position bringt, wird deutlich, wie sehr diese kleinen, messbaren Fortschritte die Zukunft der Robotik prägen werden.