Daniel Rixen ist ein Mann der Lehre. Der Professor mit einem Lehrstuhl für Angewandte Mechanik an der TUM ist große Vorlesungen gewohnt. In Technischer Mechanik (TM) sind regelmäßig über 500 Studierende in den Vorlesungen. Bis zu fünf verschiedene Fächer mit insgesamt bis zu zehn Vorlesungsstunden pro Woche stehen Semester für Semester auf seinem Programm: „Neben der Forschung liegt meine besondere Priorität auf der Lehre“, sagt Rixen, der 2012 zur TUM gekommen ist. „Ich versuche, wenn möglich, alle Vorlesungen selbst zu halten, und zwar so, dass die Studierenden und natürlich auch ich selbst zufrieden sind.“ Kein Wunder also, dass Rixen mit „seinem“ Thema Lehre im Vorstand des 2018 gegründeten Robotik- und KI-Instituts Munich Institute of Robotics and Machine Intelligence (MIRMI) der TUM sitzt.
TUM: Bisher etwa 3.200 Robotik-Absolvent:innen von der TUM
Zusammen mit Prof. David Franklin geht es ihm im MIRMI darum, die Robotikausbildung an der TUM ständig weiter zu verbessern. Den ersten Robotikstudiengang hatte Prof. Alois Knoll aus der School of Computation, Information and Technology (CIT) bereits vor mehr als 15 Jahren geschaffen: den Masterstudiengang für Robotik, Kognition und Intelligenz. Zwei weitere Studiengänge – einer für Mechatronik, Robotik und Biomedizintechnik (aus der School for Engineering and Design, ED) sowie die Spezialisierung in Automatisierung und Robotik innerhalb des Masterstudiengangs Electrical and Computer Engineering (aus der CIT) – stehen heute für Robotikinteressierte zur Auswahl. Etwa 3.200 Studierende haben bis heute ihren Robotik-Abschluss an der TUM gemacht, ca. 1.800 Nachwuchsrobotikerinnen und -robotiker studieren derzeit, und mehr als 500 beginnen Jahr für Jahr. „Das ist ein großer Erfolg“, sagt Rixen. Jeder Masterstudiengang setzt eigene Schwerpunkte: Der eine fokussiert mehr auf Informatik, der andere auf die Automatisierung und enthält damit viel Regelungstechnik, und der dritte auf Mechatronik – also die Entwicklung von Robotern als Maschine und ihre Anwendung, etwa in der Produktion.
Internationaler Master für „Robotik und maschinelle Intelligenz“ in Planung
Internationale und nationale Studierende, die besonders motiviert und qualifiziert sind, sollen künftig im Rahmen eines neuen TUM-Masterstudiengangs ausgebildet werden – dem internationalen Master „Robotik und maschinelle Intelligenz (RoMI)“, der zusammen mit MIRMI-Prof. Achim Lilienthal vorangetrieben wird. Ziel ist es, circa 40 Studierende pro Jahr aufzunehmen und nicht nur die Breite der Robotiktechnologien zu vermitteln, sondern stärker als bisher in die Praxis zu gehen. „Dort werden hoch motivierte Studierende gefördert, um die Vielfalt der Robotik zu lernen und in Projekten umzusetzen“, formuliert Prof. Rixen die Idee. Potenziell gangbare Ideen werden aufgegriffen und ggf. in ein Start-up oder Forschungsprojekte überführt. „Eine hervorragende Ausbildung plus Praxistauglichkeit wird diesen Studiengang ausmachen“, meint Rixen. Der Start ist für das Wintersemester 2026 angedacht.
Zur Übersicht der bisherigen Masterstudiengänge
Erstes Bachelorstudium in Mechatronik kommt
Auch für den Einstieg ins Studium ist nun ein entsprechender Bachelorstudiengang „Mechatronik“ in Vorbereitung. Er wird mehr die Robotik und weniger die Intelligenz der Maschinen in den Vordergrund stellen. Letztlich geht es z. B. mehr um Aktuatoren (also Motoren) und ihre Regelung sowie um Robotersysteme auf Basis von Modellen und Maschinenbauexpertise als um Software, die zum Beispiel dafür nötig ist, autonome Bewegungen zu ermöglichen. Der neue Studiengang wird in der School of Engineering & Design entwickelt, um die Breite der Mechatronik abzubilden. „Der Studiengang wird eine sehr passende Vorbereitung für einen späteren Master in der Robotik sein“, erläutert Rixen.
MIRMI-Graduiertenprogramm wendet sich an Robotik-Interessierte aller Disziplinen
Das Dilemma der Robotik liegt zudem darin, dass sie per se interdisziplinär ist – und das geht nochmal über die Fächer im Masterstudium hinaus. Das lässt sich auch daran erkennen, dass Professorinnen und Professoren mit ganz unterschiedlicher Expertise im MIRMI engagiert sind. Ob Chirurgie, Elektrotechnik, Mechanik, künstliche Intelligenz, Informatik, Chipentwicklung, Ergonomie oder Ethik: Sämtliche Disziplinen zahlen ein Stück weit auf „die“ Robotik ein. OP-Roboter, Exoskelette, Handprothesen und viele Entwicklungen mehr erfordern die Zusammenarbeit von Medizinern, Gesundheits- und Neurowissenschaftler:innen – und klassischen Robotikerinnen und Robotikern. Allein mit den genannten Kernkompetenzen lassen sich viele Lösungen nicht finden. Das ist einer der Gründe, weswegen das MIRMI das Graduiertenprogramm geschaffen hat, das sich ausdrücklich an alle Promovierenden richtet – auch an nicht-technische wie etwa aus der Medizin, Ethik oder den Technikwissenschaften.
Im Oktober 2023 gestartet, sind heute etwa 50 Doktorandinnen und Doktoranden eingeschrieben. Wer das Programm durchläuft, bekommt ein Extra-Zertifikat für Robotik und maschinelle Intelligenz. Zu den Inhalten gehören eine Seminarserie über die wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung von Robotik und maschineller Intelligenz, fachbezogene Trainings sowie institutsübergreifendes Training. „Es geht uns allerdings auch darum, die Promovierenden darauf vorzubereiten, Start-ups zu gründen und Produkte auf den Markt zu bringen“, so Rixen. Wie lässt man Roboter zertifizieren, wie patentiert man neue Ideen, und woran scheitert ein Start-up? Das sind Themen, die in dem Graduiertenprogramm unter anderem behandelt werden – das künftig übrigens auch für Promovierende anderer Universitäten offenstehen soll. „Wir arbeiten derzeit im Rahmen des Robotics Institute Germany (RIG) daran, den Austausch zwischen Universitäten zu verbessern und erarbeiten ein gemeinsames Konzept, um Seminare der TUM auch anderen Universitäten zu ermöglichen – und umgekehrt“, so Rixen, der davon ausgeht, dass das Graduiertenprogramm entsprechend flexibilisiert werden wird.
Weitere Informationen zum MIRMI-Gradiertenprogramm
„Die Studierenden ticken einfach anders nach Covid.“
Egal ob Bachelor, Master oder Graduiertenprogramm: Am Ende des Tages kommt es darauf an, dass die Studierenden etwas aus den Vorlesungen mitnehmen. Da erfindet sich Prof. Rixen auch ständig neu. „Wenn bei einer Klausur mehr als 50 Prozent der Studierenden durchfallen, ist etwas in der Vermittlung falsch gelaufen“, so Rixen. Deswegen gibt er nicht nur alle Lösungen der Klausuren aus den letzten Jahren heraus, sondern hält Vorlesungen nicht nur vor Ort, sondern streamt sie auch und stellt die Unterlagen online zur Verfügung. Seine Vorlesung in Roboterdynamik ist bereits nur online aufgesetzt, mit Vor-Ort-Betreuung und einem Wechselspiel aus Vorlesungen (Videos) und Aufgaben, die online gelöst werden können. „Die Studierenden ticken einfach anders nach Covid“, so Rixen, „da müssen sich auch die Lehrenden hier und da verändern.“
Text: Andreas Schmitz