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Mit künstlicher Intelligenz: Smartphone ergänzt Blindenstock
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Die Idee ist einfach: Ein blinder Mensch hängt sich eine Tasche mit Sichtfenster um den Hals, in der ein Smartphone untergebracht ist. Moderne Handys verfügen inzwischen nicht nur Kameras, sondern auch über LiDARe. Diese Sensoren sind – unterstützt von künstlicher Intelligenz – in der Lage, Hindernisse auf dem Weg eines Blinden präzise zu identifizieren und zu orten. Je nachdem, ob sich ein Hindernis rechts oder links etwa auf einem Gehweg befindet, sendet das Handy einen Ton in das rechte oder linke Ohr der Nutzerin oder des Nutzers.
Autonomes Fahren für gehende Blinde
Im vergangenen Jahr unterhielten sich die Gründerinnen und Gründer von SmartAIs mit knapp 150 blinden Menschen, um von ihnen zu erfahren, wo für sie die Tücken im Alltag liegen. Und es stellte sich heraus, dass E-Scooter, Räder und andere Gegenstände auf Gehwegen ein ums andere Mal zur Gefahr wurden. Denn nicht immer stößt der Blindenstock gegen das Hindernis. Weitere Erkenntnis: Sehr viele blinde Menschen verfügen über gute Smartphones. „Warum also nicht bekannte Technologien etwa aus dem autonomen Fahren oder der Robotik nutzen, um blinden Menschen zu helfen“, fragten sich die Start-up-Gründer.
Fernziel: Kassen nehmen das Produkt in den Hilfsmittelkatalog auf
Nach einer Förderung von AI+Munich und ein EXIST-Stipendium durch das Bundeswirtschaftsministerium entwickelt das Viererteam die ursprüngliche Idee kontinuierlich weiter zum fertigen Produkt. Ihr Arbeitsplatz befindet sich in den Räumen der TUM Venture Labs. Vorteil für SmartAIs: Sie bekommen nicht nur Zugang zu Laboren und technischer Ausstattung, sondern bekommen auch Gelegenheit, sich auf Messen und Veranstaltungen zu zeigen – eine gute Chance, ein Netzwerk auch in die industrie aufzubauen. Der Business Case hinter ihrer Idee: Bis zu 200.000 Menschen würden alleine in Deutschland von einer solchen Technologie profitieren können. Doch es lauern Hürden: Zum einen muss die Lösung als Medizinprodukt zugelassen werden – und sie muss rentabel sein. „Ein Abomodell ist denkbar“, sagt Mitgründer Preget, „am besten wäre allerdings, wenn die Krankenkassen unser Produkt in den Hilfsmittelkatalog aufnehmen würden.“ Dann würde diese digitale Unterstützung zur Kassenleistung.
Blinden-App geht in den Apple-Testflight
Technisch gesehen läuft es gut. In der nächsten Stufe wird ein „Apple-Testflight“ gestartet. Eine App wird dann zunächst für erste aktive Tester zur Verfügung stehen, die lediglich ein iPhone einer bestimmten Generation zur Verfügung haben müssen. Dann könnten sie sich eine App herunterladen und das System nutzen. Nachdem SmartAIs kürzlich den vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr vergebenen Mobilitätspreis in der Kategorie Transformation und KI gewonnen hatten, konnte sich SmartAIs vor Anfragen von Blinden kaum retten, die an dem Testlauf teilnehmen wollten. Das erste Produkt eines digitalen Assistenten für blinde Menschen will das Start-up im zweiten Halbjahr 2025 auf den Markt bringen.
Weitere Informationen: www.smartais.de
Text: Andreas Schmitz