Becher zu einer Pyramide stapeln, eine Pfanne mit Kugeln balancieren und Marmeladengläser aufschrauben: Das sind nur drei der zehn Aufgaben, die die Teilnehmer des Arm Prothesis Race im Rahmen des Cybathlon 2024 bewältigen müssen. Vor vier Jahren war es noch ein Greifer, mit dem die Pilotin des CyberTUM-Teams auf dem Cybathlon in Zürich im Armprothesen-Rennen an den Start ging. Jetzt sieht die Prothese aus wie eine richtige Hand. Gesteuert wird sie über Signale aus der Muskulatur im Unterarm.
CyberTUM ist eines von drei TUM-Teams beim Cybathlon 2024
Beim von der ETH Zürich organisierten Cybathlon treten internationale Studierendenteams gegeneinander an, die assistierende Technologien für Menschen entwickeln, die in ihrer Bewegung eingeschränkt sind. In diesem Jahr sind acht Disziplinen vorgesehen, darunter der Brain-Computer Interface-Race (u.a. mit dem TUM-Team NeuroTUM), der Assistant Robot Race (u.a. mit dem DLR-TUM-Team EDAN) und der Arm Prothesis Race, an dem das MIRMI-Team teilnimmt. Insgesamt gehen 84 Teams an den Start.
Neuentwicklung der künstlichen Hand in vier Jahren
Die Technologie des MIRMI-Teams ist komplex. Die Fingerglieder und die Hand wurden selbst hergestellt, hauptsächlich mit Hilfe von 3-D-Druck. Die Fingerspitzen sind aus Silikon mit eingebetteten taktilen Sensoren. Das macht die Finger zum einen feinfühlig, weil sie die Kräfte in der Umgebung wahrnehmen können. Zum anderen passen sie sich besser unterschiedlichen Oberflächen an, was bei den anstehenden Aufgaben ein Vorteil ist. Damit die Hand so greifen kann, wie es für die Aufgaben nötig ist, haben die Studierenden mehrere Griffmuster umgesetzt. Um sie anzusteuern, müssen nun bestimmte Muskeln am Unterarm aktiviert werden. Vier Sensoren, zwei an der Unterseite des Unterarms und zwei an der Oberseite, messen die Muskelaktivität. Und je nachdem, welche Muskeln angespannt werden, bewirkt das, dass die künstliche Hand greift wie gewünscht. Wichtig ist, dass der Nutzer das der künstlichen Hand (über neuronale Netze) beibringt.
Lehrveranstaltung „Cybathlon Challenge“ setzt Fokus auf Mechatronik
Um diesen Mix aus mechanischem Design, elektronischer Steuerung, fühlenden Fingern und maschinellem Lernen in ein gangbares Gesamtkonzept zu verwandeln, treffen sich Studierende seit dem Wintersemester 2020/2021 Semester für Semester in der Lehrveranstaltung „Cybathlon Challenge“ jeweils vier Stunden pro Woche. „Wir sind weniger ein Racing-Team, als viel mehr ein Unikurs“, erläutert Christopher Herneth, „unser Ziel ist, komplexe Mechatronik innerhalb eines Kurses zu vermitteln“. Der Student der ersten Stunde für die künstliche Hand ist dem Projekt insofern erhalten geblieben, dass er inzwischen als Doktorand zusammen mit Doktorandin Sonja Groß die Lehrveranstaltung leitet. Fast vier Jahre arbeiten die Studierenden also inzwischen in wechselnden Teams an der Technologie. Ende Oktober ist es dann soweit. Und Pilot Adnan Jukic, der seit seiner Kindheit eine Armprothese trägt, startet den Parcours über zehn Aufgaben.