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IROS 2023: Roboter vermeidet sicher Kollisionen

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Wenn Doktorand Moritz Eckhoff aus dem Lehrstuhl für Robotik und Systemintelligenz der Technischen Universität München (TUM) Roboter losschickt, haben sie ein zentimetergenaues Abbild der Umgebung bereits im Hinterkopf. So vermeidet er Kollisionen.

Moritz, in Eurer Arbeitsgruppe beschäftigt ihr Euch viel mit Laboren und damit, sie effizienter zu machen. Jetzt hast Du auf der Robotikkonferenz IROS ein Paper vorgestellt, das sich damit befasst, wie Roboter in Laboren Kollisionen vermeiden können. Warum ist das wichtig?

In Chemie- oder Biolaboren kommen häufig gefährliche Substanzen zum Einsatz. Es ist wichtig, dass ein Roboter weiß, wo sie stehen und sie sicher umfahren kann, damit er keine Reagenzgläser oder sonstige Behälter umstößt. Dafür müssen wir die Umgebung digitalisieren. Die Herausforderung besteht nun darin, das Labor lediglich so detailliert wie nötig und nicht so detailliert wie möglich abzubilden. Denn damit die Bewegungen sicher und präzise sind, ist ein Takt von einem Kilohertz nötig, also tausendmal pro Sekunde. Das ist exakt der Rhythmus des Roboters, in dem Gelenkwinkel, Strecken und Kräfte gemessen werden. Ein hochaufgelöstes Bild der Umgebung würde ihn langsamer machen, da er sehr viele zusätzliche Informationen innerhalb kürzester Zeit verarbeiten müsste. Deswegen vereinfachen bzw. abstrahieren wir das detaillierte Abbild unseres Labors mit einfachen geometrischen Formen. So „entlasten“ wir den Roboter und er kann das Bild der Umgebung im Hinterkopf behalten.

Lässt sich dieses Bild der Umgebung quasi auf Knopfdruck in den Regelkreis des Roboters aufnehmen?

So einfach ist es nicht. Denn das virtuelle Labor bekommen wir leider nicht geliefert. Optimal wäre es, wenn schon der Architekt, der ein Labor konzipiert, alle Schränke, Tische, Stühle und Messgeräte in einem dreidimensionalen Bild mitliefern würde. Aktuell müssen wir dieses Bild noch selbst erzeugen, indem wir jeden Gegenstand einzeln in unserem sogenannten Umgebungsreplikat positionieren. Das ist Handarbeit. Die Vereinfachung zur schnellen Verarbeitung im Roboterregelkreis funktioniert dann aber automatisch. Dort werden anschließend präzise Distanzen zwischen allen Objekten berechnet und auch Sicherheitsabstände eingebaut. Im nächsten Schritt planen wir übrigens, das virtuelle Labor mit Hilfe von zentimetergenauen Livebildern von Kameras kontinuierlich neu zu generieren und zu aktualisieren.

Kollisionsvermeidung ist eigentlich gar nicht Dein wichtigstes Thema. Wie kam es trotzdem dazu?

„Mein“ Thema ist die Experimentplanung. Chemische Reaktionen hängen von vielen Parametern ab – der Temperatur, den Konzentrationen der zugegebenen Stoffe, von Katalysatoren, die hinzugegeben werden, etc. Diese Reaktionen will ich im Rahmen meiner Promotion optimieren. Deshalb arbeite ich an Algorithmen, die aus Experimenten lernen und Verbesserungen für künftige Experimente vorschlagen. Derartige Themen werden übrigens in der Zukunft auch für den ersten KI-Experimentierraum der TUM eine Rolle spielen. Dass wir unsere Idee zur Kollisionsvermeidung aufgegriffen haben, hat auch damit zu tun, dass ich mich in meiner Masterarbeit mit einer optimalen Bewegungsplanung für Roboter beschäftigt habe, die einen Abstand zum Menschen einhält, der als angenehm empfunden wird. Darüber hatte ich im letzten Jahr auf der ICRA, der anderen großen Robotikkonferenz, ein Paper veröffentlicht.

Publikation zur IROS 2023: Towards Connecting Control to Perception: High-Performance Whole-Body Collision Avoidance Using Control-Compatible Obstacles; Moritz Eckhoff, Dennis Knobbe, Henning Zwirnmann, Abdalla Swikir, Sami Haddadin